Daten löschen
Der Internetreporter klärt auf Sendetermin Sa, 13.10.12 | 17:03 Uhr
In Goch am Niederrhein, nahe der niederländischen Grenze, liegt das Gymnasium und Internat Gaesdonck. Gerufen hat uns der Medienkurs der Stufe 12. Die Schüler haben sich im Unterricht zuletzt viel mit Sozialen Netzwerken beschäftigt, doch eine Frage haben sie noch: „Wir haben uns im Laufe des Projektes gefragt, ob das Internet eigentlich nie vergisst?“ Wie sie auf diese Frage gekommen sind? Ganz einfach: Fast alle Teilnehmer des Medienkurses haben schon mal Bilder oder Kommentare im Internet veröffentlicht, die ihnen später peinlich waren. Sie wollen wissen, ob die für immer im Internet bleiben.
Im Auftrag der Schüler werde ich ausprobieren, ob und wie hochgeladene Inhalte wieder aus dem Internet verschwinden. Dafür poste ich vier Urlaubsfotos bei Facebook, Twitter, auf der Fotoseite flickr und auf meiner eigenen Homepage. Das ist ein merkwürdiges Gefühl, denn bisher kannten nur meine Freunde diese Bilder. Jetzt sind sie auf zig Servern gespeichert und wirklich jeder kann sie sehen. Kann ich das irgendwie wieder rückgängig machen?
Fotos mit HaltbarkeitsdatumAm Lehrstuhl für Internetsicherheit an der Universität des Saarlandes kennt man sich damit aus. Ich frage den Informatiker Professor Michael Backes: „Kann das Internet überhaupt vergessen?“ „Das hängt davon ab, was und wo Sie etwas ins Internet einstellen“, erklärt er. Und zu meinen Urlaubsfotos meint er: „Wenn Sie sie einstellen und die Leute schauen sie einfach nur an, und Sie sind sich ziemlich sicher, dass niemand hingeht und sie vervielfältigt, dann haben Sie eine gute Chance, sie wirklich zu löschen und dann wirklich vergessen zu machen im Internet. Eine Garantie haben Sie aber nicht, dass sie nicht jemand genommen hat und vervielfältigt hat.“
Je interessanter also ein Bild, eine Webseite oder was auch immer ist, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass andere sie kopieren und Archive oder Suchmaschinen sie speichern. Dann hat man selbst keinen Einfluss mehr.
Doch am Lehrstuhl für Internetsicherheit wird an Lösungen gefeilt. Eine Idee besteht darin, den Bildern mit einem Zusatzprogramm ein Haltbarkeitsdatum zu verpassen. Damit könnte ich meine Urlaubsfotos so verschlüsseln, dass sie nach einer Woche oder gar einer Minute automatisch nicht mehr angezeigt werden, ganz egal, wo ich sie hochlade. Doch leider hat das System momentan noch zu viele Lücken.
Einmal auf Facebook, immer auf Facebook?Ich bin gespannt, wie es weitergeht. Auch Facebook-Nutzer dürfte das interessieren. Insgesamt sollen über 24 Millionen Nutzer mehr als fünf Milliarden Bilder hochgeladen haben, schätzt man allein für Deutschland. Wie geht das Netzwerk mit den Fotos um, würden wir gerne wissen. Doch Facebook will leider nicht vor die Kamera und verweist stattdessen auf die Nutzungsbedingungen.
Aber die haben es in sich, erfahren wir an der Uni Jena. Ich frage den Informatiker Jens Kubiziel: „Gehören die Urlaubsbilder, die ich da hochgeladen habe, überhaupt noch mir?“ „Definitiv nein!“, lautet seine ernüchternde Antwort. Er selbst hat keine Fotos bei Facebook eingestellt, aus gutem Grund: „Wenn man sich die Nutzungsbedingungen von Facebook anschaut, steht dort eindeutig drin, dass man alle Rechte an Facebook abtritt. Insofern gehen auch die Bilder mehr oder weniger in das Eigentum von Facebook über.“
„Und was machen die dann damit?“, möchte ich von wissen. „Facebook versucht die Daten, die Sie da eingeben, auszuwerten. Also es wir geguckt, wo ist das Bild aufgenommen worden, an welchem örtlichen Fleck, wann ist das aufgenommen worden. Man versucht, die Gesichter zu erkennen und die Informationen mit dem eigenen Profil zu verknüpfen.“
Selbst wenn ich also meine Bilder auf meiner Facebook-Seite lösche, darf das Netzwerk sie für eine „angemessene Zeit“ weiter verwenden. Endgültig löschen geht derzeit nur über eine spezielle Anfrage an den Support.
Auch Profis stoßen an GrenzenInzwischen haben sich auch kommerzielle Anbieter wie deinguterruf.de auf das Löschen unerwünschter Inhalte spezialisiert. Dazu nimmt der Anbieter Kontakt zum Betreiber der betreffenden Webseite auf und lässt diesen die Bilder entfernen. Allerdings kostet das jeweils rund 30 Euro. Eigentlich kann auch jeder selbst mit den Urhebern oder Betreibern von Webseiten Kontakt aufnehmen. Der Unterschied ist nur: Das Unternehmen hat bereits die entsprechenden Kontaktdaten. Aber auch hier gibt es Grenzen: Sind Bilder oder Einträge zu oft kopiert und verschickt worden, gibt es kein Zurück mehr!
Ich kann nur hoffen, dass das mit meinen Bildern noch nicht passiert ist und lösche alle mir bekannten Kopien wieder aus dem Netz. Allerdings ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass Suchmaschinen und Webarchive längst im Hintergrund Kopien davon gemacht haben und sie damit für sehr lange Zeit im Netz bleiben werden.
Deshalb sollte man sich vollkommen darüber bewusst sein, dass man selbst so gut wie keinen Einfluss darauf hat, wie lange etwas im Internet sichtbar bleibt. Und man sollte sich also immer die Frage stellen, ob es okay ist, dass man das in zehn oder 20 Jahren vielleicht immer noch über eine Suchmaschine finden kann. Außerdem sollte man, wenn es geht, den Benutzerkreis einschränken und zum Beispiel in sozialen Netzwerken festlegen, dass die Bilder nur von Freunden gesehen werden können.
Ein Beitrag von Bernd Dicks
Quelle: http://www.daserste.de/information/ratgeber-service/internet/sendung/wdr/2012/12102012_daten_loeschen-100.html