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Jeden Dienstag am Raschplatz: Bollerwagen Café Hannover
Bollerwagen Café Hannover: „Respekt ist die Währung“In Hannover gibt es ca. 500 obdachlose Menschen, Tendenz steigend. Davon sind geschätzte 30% Frauen. Dabei gibt es unter den obdachlosen Menschen auch einige die in keiner Statistik auftauchen. Sandra Lüke vom Bollerwagen Café kümmert sich mit ehrenamtlichen Helfer*innen darum, dass über 100 obdachlose Menschen jeden Dienstag ab 17:00 Uhr am Raschplatz eine warme Mahlzeit bekommen.„Es gibt hier auch Menschen, die bekommen von keiner Stelle Geld, kein Hartz IV, keine Sozialhilfe, nichts“, sagt sie. Neben Anbietern, die von den Kirchen und großen Wohlfahrtsverbänden finanziert werden, gibt es auch immer mehr private Initiativen, die sich um die Menschen auf der Straße kümmern. Das Bollerwagen Café wurde 2015 in Hannover von Sandra Lüke initiiert und ist ein Projekt des gemeinnützigen Vereins „HeArts and Culture“. Ihr ist es wichtig zu betonen, dass sie nicht politisch oder religiös motiviert seien: „Wir sind in dem was wir leisten neutral und autark.“
Wer obdachlos wird, hat schon einige schwere Schicksalsschläge erlitten. Die Menschen haben mit vielfältigen Schwierigkeiten zu kämpfen: Gesundheit, Sucht, schlechte Bildung, fehlende Berufsausbildung. Sie können sich irgendwann nicht mehr selbst helfen. „Genau für diese Menschen ist das Bollerwagen Café da“, bekräftigt Sandra Lüke. „Wir bieten warmes Essen, heiße Getränke, Schlafsäcke und Isomatten, sowie Kleidung und Schuhwerk - und ein offenes Ohr für alle Probleme“.
Striktes AlkoholverbotBei der Ausgabe der Spenden herrscht ein striktes Alkoholverbot. „Dass das eingehalten wird, ist dem Respekt geschuldet, den man uns entgegenbringt“, sagt Sandra Lüke hörbar stolz. „Die Menschen hier wissen, was wir für sie tun und dass sie sich auf uns verlassen können.“ Man muss dazu sagen, dass das Bollerwagen Café bei Wind und Wetter draußen vor Ort ist. Ohne Ausnahme. „Das alles würde die Menschen ja nichts kosten, sagt sie. „‚Respekt‘ ist da sozusagen die Währung, mit der die Menschen bezahlen.“
Sandra Lüke ist selbst berufstätig und nimmt sich jeden Dienstag für das Bollerwagen Café frei. „Morgens fahre ich mit einem Obdachlosen zu zwei Supermärkten und hole ca. eine Tonne Lebensmittel ab“, berichtet sie. Das erledigt sie mit einem „Lieferwagen“, den sie privat finanziert, und mit dem sie auch Kleiderspenden abholt. Sie erzählt, dass sie gerade einen Ehrenamtspreis für ihr Engagement erhalten habe. „Der ist mit 1.000,- Euro dotiert. Das ist eine schöne Summe für uns“, freut sie sich.
„Schwarzfahren“ in den StrafvollzugDas Leben auf der Straße ist hart. Auch, wenn die Bedarfe an Lebensmitteln von verschiedenen Angeboten ganz gut abdeckt werden. Die unterschiedlichen Lokalitäten für Obdachlose, wie: Tagescafé, Wärmestuben, Notunterkünfte etc. haben nur zeitlich begrenzt geöffnet, „zur Entlastung der Stadtteile“, weiß Sandra Lüke und erklärt, dass die Menschen gezwungen seien, weite Wege zu den einzelnen Angeboten zurückzulegen. Das sei auch, so erläutert sie, ein Grund dafür, dass viele Obdachlose immer wieder Schwarz mit den „Öffis“ fahren würden. Schwarzfahren ist strafbar. Kein Wunder also, dass einige Wiederholungstäter*innen dann im Strafvollzug landen. Die Leute würden während ihrer Haftzeit arbeiten und manche, die vorher überhaupt keine Leistungen bekommen hätten, würden sich damit neue Ansprüche verdienen. Allerdings auf Kosten der Freiheit: teuer bezahlt.
Sie berichtet auch, dass die Obdachlosen immer wieder von Ordnungshütern vertrieben würden. „Tagsüber kommen sie deswegen nicht zur Ruhe und nachts haben viele Angst vor Gewalt. Die Gewalt hat definitiv zugenommen: auf der Straße, aber auch in den Notunterkünften. Deswegen gehen viele, sobald es dunkel wird, lieber aus der Stadt raus und schlafen im Zelt.“
Bollerwagen Cafe Hannover - Sandra Lüke - Tel.: 015201797315 - E-Mail: bollerwagen.cafe@yahoo.com
Infos:
www.bollerwagen-cafe.de oder über die Facebookseite, wo es auch aktuelle Spendenaufrufe gibt.