Aberglaube.
Von Totengräbern glaubt man noch vielfach in Süddeutschland, daß sie immer genau wissen, wenn jemand abscheiden wird – es rühren sich dann einige Tage vorher Picken und Schaufeln in ihrer Kammer, auch wirft wohl eine geheimnisvolle, unsichtbare Hand das Seil über die Stube hin. So sind sie denn so gefürchtete Leute, daß sich schüchterne Kinder mit ihnen zu sprechen nicht unterfangen. In gleichem Geruche stehen auch die Tischler, ihnen wird sogar die Kunde zugeschrieben, zu wissen, ob sie bald für ein Kind oder einen Erwachsenen einen Sarg anzufertigen haben. Raffelt (rührt) es sich nämlich im Bratrohre, so stirbt ein Kind – die »6 Bretter und 4 Brettchen« für die Kleinen werden ja im Bratrohre getrocknet. Wenn sich aber die Bretter bewegen, welche zu großen Särgen benutzt werden sollen, der Hobel, welcher zur Anfertigung der Truhen benutzt wird, oder die Säge erklingt, dann wird bald das letzte Stündlein für einen Erwachsenen gekommen sein. Die Seele des Verstorbenen pocht an seine Tür, ihm anzuzeigen, daß er einen Sarg zu fertigen habe. Auch ist dem Totengräber wohl bewußt, wenn beim Einlassen des Sarges Steine nachrollen, sowie dem Tischler, wenn sich beim Schließen des Sarges ein gewisser unheimlicher Ton vernehmen läßt, daß dem Dahingeschiedenen bald ein Familienmitglied folgen werde. Solche Vorboten heißen Onzoiges (Anzeichen) im Böhmerwalde, dessen Bewohner noch an unzähligen abergläubischen Satzungen und Gebräuchen festhalten, die, teilweise dem Heidentum entstammend, ein Alter von 2000 Jahren und darüber aufzuweisen haben.
Nach hohem Beispiel.
Eine amüsante Anekdote wird von dem Verdienstvollen französischen Arzt Professor Budin erzählt. Budin war ein ausgezeichneter Gelehrter und ein geistvoller Kopf, der über eine seine Ironie gebot. Er war mit Eifer dafür eingetreten, bei schwierigen Entbindungen Chloroform anzuwenden und hatte dabei nicht nur den Widerstand einiger Kollegen gefunden, sondern mußte auch den Tadel einiger Personen über sich ergehen lassen, die religiöse Bedenken gegen dieses Verfahren hatten. Eines Tages gab ihm eine sehr fromme Dame ihre Meinung darüber sehr deutlich zu verstehen, worauf Budin mit seinem Lächeln erwiderte: »Wie, Sie, die fromme Christin, wollen nicht zugeben, daß ich die Mütter, um ihnen Hilfe zu bringen, einschläfere?« – »Natürlich nicht!« – »Das ist aber merkwürdig unehrerbietig gegen den lieben Gott, der die Anästhesie (Gefühllosmachung) in gleichem Falle auch angewendet hat.« – »Wieso denn?« – »Wissen Sie denn nicht, daß er Adam einschläferte, um Eva zur Welt zu bringen? Ich folge doch nur seinem Beispiel!«
Arzt-Honorare.
Der Pariser Arzt Dr. Doyen geriet vor nicht langer Zeit mit einem amerikanischen Millionär wegen seines Honorars von 80 000 Mark in Streit. Der Preis mag manchem recht ungeheuerlich vorkommen, indes die englische Wochenschrift »Modern Society« weiß von noch ganz anderen Honoraren für ärztliche Hilfeleistungen zu berichten. Einige der höchsten Honorare, schreibt sie, haben Aerzte von Mitgliedern königlicher Familien erhalten. Die Kaiserin Katharina von Rußland fürchtete sich sehr vor den Pocken, und sie gab dem englischen Arzt Thomas Dimsdale dafür, daß er sie geimpft hatte, 280 000 Mark in bar, eine Leibrente von 16 000 Mark, 40 000 Mark für seine Reisekosten von London nach Petersburg und verlieh ihm die Würde eines Staatsrates und Barons. Der französische Nervenarzt Professor Charcut erhielt von Dom Pedro von Brasilien 40 000 Mark für eine einzige Konsultation, zu der er allerdings eine Reise von Paris nach Aix-les-Bains machen mußte, wo der Kaiser gerade weilte; von Cornelius Vanderbilt soll Charcot sogar noch höhere Honorare bekommen haben. Der italienische Arzt, der bei der Geburt des kleinen Prinzen von Piemont seine Hilfe leistete, erhielt ein noch größeres Honorar, und der dankbare Zar soll sogar 200 000 Mark für die Geburtshilfe bei der Geburt des Zarewitsch gegeben haben. ... In England ist es üblich, das ärztliche Honorar in Guineen zu berechnen, deren Wert 21,50 Mark beträgt, nicht in Sovereigns (Pfund), die nur 20,13 Mark zu rechnen sind. Das hat schon oft zu Auseinandersetzungen Anlaß gegeben. So hielt besonders Sir William Jenner darauf, daß man ihm sein Honorar in Guineen zahlte. Einmal bekam er von einer bekannten Herzogin-Witwe einen Briefumschlag, der, wie er fühlte, nur zwei Sovereigns enthielt, so daß also an den zwei Guineen zwei Shillings fehlten. Er setzte sofort seine Brille auf, bückte sich und sah suchend auf dem Fußboden umher. »Haben Sie etwas verloren, Sir William?« fragte die adlige Dame. »Ich suche die beiden Shillings, die Sie augenscheinlich haben fallen lassen, Herzogin!« erwiderte der Arzt zornig.
Weisheitsworte.
Die Religionen Müsen alle Tolleriret werden und Mus des Fiscal nuhr das Auge darauf haben, das keine der andern abrug Tuhe, den hier mus ein jeder nach seiner Fasson Selich werden.
Drei Reben.
Drei Reben trägt der Weinstock; die eine bringt die Lust, die andere die Last, die dritte die Freveltat.
Der Humor.
Dem Humor ist ein großes Feld erschlossen; Dummheit und Beschränktheit, Pfaffentum und Philistertum, Heuchelei und Schmeichelei, Kleinstädterei und Windmacherei, Grillen und Schrullen, Marotten und üble Angewöhnungen: sie können sich dem scharfen Auge des Humors nicht entziehen. Alles Kleine und Schlechte, Aermliche und Erbärmliche liegt enthüllt wie ein aufgeschlossenes Buch vor ihm.
Pferdeverstand.
Ueber die geistige Befähigung des Pferdes ist schon viel geschrieben und gestritten worden. Daß es zu den intelligentesten Tieren gehört, wird niemand leugnen. Merkwürdig ist schon sein Erkennungsvermögen: es hört am Schritt, wann sein Herr naht, dem es entgegenwiehert, sich an ihn schmiegt, seine Hände leckt und ihn mit glänzend belebten Augen betrachtet, die seine Freude erkennen lassen. Aber auch Zeit- und Ortssinn sind dem Pferde in hohem Maße eigen. Häufig vermag es Ursache und Wirkung zu unterscheiden, sich Urteile und Schlüsse zu bilden. Wahrhafte Ueberlegung zeigte z. B. eine Herde Pferde, welche im April des Jahres 1794 auf der Elbinsel Krautsand plötzlich von der Springflut überrascht wurden und ihr nicht wie die Rinder durch Schwimmen entrinnen konnten, weil sie ihre Füllen bei sich hatten. In dieser kritischen Lage zogen sich die Pferde wiehernd in einen Kreis zusammen, und je zwei von den Alten drängten die Füllen zwischen sich hinaus über das Wasser. So standen sie mutvoll und unbeweglich, bis nach sechs Stunden die Ebbe eintrat.
Sprichworte.
Angeborene Mängel kann man nicht aus- und einsehen wie der Glaser die Fenster.
Wer verzagt ist im Bitten, macht den andern beherzt im Abschlagen.
Man braucht sieben Lügen, um eine Lüge zu bestätigen.
Um eines Hufeisens willen verdirbt oft ein Pferd,,
Kommt ein Ochs in fremdes Land,
Wird er gleich als Rind erkannt.
Den Bauern riecht der Mist für Bisam.
Ein Steckenpferd frißt mehr als hundert Ackergäule.
Der Fuchs ändert den Balg und behält den Schalk.
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