Helluo Librorum präsentiert aus der Reihe "Bücher, die man gelesen haben muss":
Veit Etzold – Final CutGenre: Thriller
Seiten: 448
Verlag: Bastei Lübbe
ISBN-10: 3404166876
ISBN-13: 978-3404166879
Link zur Leseprobe:
http://www.amazon.de/Final-Cut-Thriller-Veit-Etzold/dp/3404166876/ref=sr_1_1?s=books&ie=UTF8&qid=1382963826&sr=1-1&keywords=final+cut#reader_3404166876Ein Serienmörder treibt in Berlin sein Unwesen. Er bezeichnet sich selbst als „der Namenlose“. Er hatte, wie ja so häufig, eine schwere Kindheit und manchen Schicksalsschlag zu erleiden. Eines Tages passierte etwas, das ihn dazu veranlasste, seinen eigenen Tod glaubhaft vorzutäuschen.
In diversen Rückblenden erfährt man nach und nach um die Geschichte des Namenlosen und warum er zu einem Serienmörder geworden ist. Dabei bietet der Autor zwar keinen wirklich neuen Grund, aber man kann ja nun einmal das Rad leider nicht ein zweites Mal erfinden. Jedes erdenkliche Motiv wurde doch bereits mehrfach verwendet.
Am Ende des Buches bleiben eigentlich kaum noch Fragen offen. Außer, was in der Zwischenzeit, nach diesem vorgetäuschten Tod, geschehen ist, wo der Täter gelebt hat und wie er überleben konnte. Diese berechtigten Fragen werden dann sicherlich im nächsten Band beantwortet werden.
Der Serienmörder sucht sich bequem von zu Hause auf diversen Internetseiten seine nächsten Opfer aus, wählt sie quasi wie im Hotel am Buffet die leckersten Speisen oder wie auf dem Straßenstrich die hübscheste Hure mit den heißesten Kurven aus.
Vor allem bei der Kontaktaufnahme mit jungen Frauen auf verschiedenen Dating-Portalen oder dem größten Sozialen Netzwerk „Facebook“ versteht es der Täter auf besonders geschickte Art und Weise, sich von den vielen anderen Interessenten im positiven Sinne abzuheben, Gemeinsamkeiten aufzuzeigen, Interesse auf Seite der Frauen zu wecken, sympathisch zu erscheinen und eigenes Interesse zu bekunden ohne dabei wie die meisten anderen in abschreckender Weise aufdringlich zu wirken.
Der Namenlose wendet sich eines Tages in einer Videonachricht namentlich an Clara Vidalis, die als Expertin der Forensik im Morddezernat des LKA (Landeskriminalamt) in Berlin arbeitet. Nachdem sie gerade erst mit dazu beigetragen hatte, dass man den Serienkiller, der als „Werwolf“ bekannt geworden war, zur Strecke bringen konnte, wollte sie eigentlich als nächstes ihren wohlverdienten Urlaub antreten. Jedoch muss sie dieses Vorhaben noch einmal verschieben, denn es steht bereits der nächste Fall an und dieser wird ungewöhnlicher als alle anderen zuvor.
In dem Video muss das weibliche Opfer vor laufender Kamera eine an Clara gerichtete Nachricht vorlesen. Sie endet mit dem drohenden Hinweis, dass sie weder die erste noch die letzte sei. Dann wird ihr mit einem Messer die Kehle aufgeschnitzt. Das Team überlegt anfangs noch, ob es sich hierbei eventuell nur um einen makabren Scherz handelt, bis ein hinzugezogener Experte, ein Regisseur von Horrorfilmen, bestätigt, dass es sich hierbei nur um einen echten Mord handeln kann.
Aber wie viele Opfer gibt es tatsächlich zu beklagen? Ist es nur ein Zufall, dass das Opfer, das in dem ersten Video zu sehen ist, in der Hausnummer 13 wohnt? Oder lässt die Zahl 13, die in diesem Video als geheime Botschaft versteckt ist, wirklich einen Rückschluss auf die aktuelle Anzahl der Mordopfer zu?
Im Gegensatz zu den meisten Taten dieser Art sind die des Namenlosen keineswegs sexuell motiviert, wie man schnell herausfindet. Was den Fall für das Team um Clara nur noch außergewöhnlicher und interessanter gestaltet.
Der Täter legt anfangs bewusst falsche Spuren, um die Ermittler auf eine andere Fährte als die seine zu führen. Wie genau er dies jedoch anstellt, werde ich der Spannung halber an dieser Stelle natürlich nicht spoilern.
Der Serienmörder plant seine Taten generell perfekt und geht am Tatort stets extrem vorsichtig zu Werke. Er hinterlässt keinerlei verwertbare Spuren außer jenen falschen, die er bewusst auslegt, um die Polizei in die Irre zu führen. Er scheint den Ermittlern tatsächlich immer mindestens einen Schritt voraus zu sein.
Bei jedem seiner Opfer fehlen sämtliche Innereien sowie das gesamte Blut. Doch warum nimmt der Täter dies alles mit? Braucht er es möglicherweise für ein okkultes Ritual?
Die alten Leichen wurden vom Täter mumifiziert, wofür er sich der Hilfe einer bestimmten Käferart bediente. Denn die Mumifizierung hat einen sehr positiven Nebeneffekt, der dem Täter sein weiteres Schaffen auch auf langfristige Sicht erleichtert und ihm die Polizei vom Hals zu schaffen vermag.
Bei der Wahl seiner Opfer scheint es auf den ersten Blick für den Namenlosen keine Rolle zu spielen, wen er tötet. Doch sowohl bei den Frauen als auch bei den Männern ist schon bald ein bestimmtes Muster zu erkennen, wenn auch zwischen den beiden Geschlechtern völlig unterschiedlicher Art.
Als es plötzlich bei Facebook neue Statusmeldungen von dem Opfer des ersten Videos gibt, reagiert das Ermittlungsteam überrascht. Ist das Video doch ein Fake gewesen, wenn auch ein verdammt gut gemachter?
Wie man erfährt, nimmt der Serienmörder im Laufe seiner „Karriere“ immer wieder eine neue Identität an. Damit stellt sich die Frage: Wie kann man jemanden finden, der offiziell als verstorben gilt, sich ständig anderer Identitäten bedient, hochintelligent ist und in jederlei Hinsicht die Vorteile des Internets für sich und seine Verbrechen zu nutzen versteht?
Wird es Clara und ihren Kollegen am Ende trotzdem gelingen, diesen hochintelligenten Täter zu überführen?
Vor allem die Figuren der Clara Vidalis und des „Namenlosen“ sind sehr interessant gezeichnet, aber auch die anderen Charaktere wissen zu überzeugen, z.B. der so genannte „MacDeath“. Es gelingt einem auch relativ leicht, sich in die verschiedenen Charaktere hineinzuversetzen, was die Intensität der Geschehnisse und den Lesespaß nur noch zusätzlich erhöht.
In dem Buch werden insgesamt drei Geschichten aus verschiedenen Blickwinkeln erzählt. Was sich vor allem in der Hauptgeschichte, die die aktuelle Mordserie behandelt, durch die Sicht des Täters, der Opfer und der ermittelnden Beamten sehr interessant liest.
Eine dieser drei Geschichten behandelt das Thema „Casting Shows“. Damit hat der Autor eine weitere Komponente in seinem Roman verarbeitet, wo er zwar nicht mit erhobenem Zeigefinger, jedoch unverkennbar die moralische Keule gegenüber unserer Gesellschaft schwingt.
Wie ich bei meiner üblichen Internetrecherche festgestellt habe, hat dies viele Leser irritiert, da sie es als nicht für die Hauptgeschichte relevantes Element betrachten. Meiner Meinung nach kann ich dem im Prinzip schon zustimmen, auch wenn der Autor dann ja schlussendlich noch eine Verbindung zwischen den beiden Geschichten gezogen hat. Aber gebraucht hätte es das sicherlich nicht, bzw. man hätte es eben auch anders lösen können.
Trotzdem fand ich auch diese Geschichte sehr interessant, vor allem, da es bereits heute manch krankes TV-Format gibt, insbesondere im asiatischen Raum und auch eine wie in diesem Buch beschriebene Casting-Show für die Zukunft nicht völlig utopisch zu sein erscheint.
In einer neuen Casting-Show, für deren Idee der Moderator Albert Torino verantwortlich zeichnet, können sich junge, hübsche Frauen sehr schnell auf der Karriereleiter nach oben arbeiten. Ein riesiges Publikum live im Studio sowie auf dem größten Internetportal kann sie über Nacht zum Star machen und die Produktionsfirma hat bereits Werbeverträge, Plattenstudios und weiteres in der Hinterhand, die die Siegerin der Show am Ende bekannt, beliebt und vor allem natürlich reich machen soll.
Doch dies alles soll es natürlich nicht umsonst geben. In den Castings müssen sich die jungen Frauen nämlich nicht nur der Gefahr von bewusst überzogenen Diskriminierungen seitens des Moderators und den Beschimpfungen des Live-Publikums aussetzen. An der Teilnahme an dieser Show ist nur berechtigt, wer zuvor einen hieb- und stichfesten Vertrag unterzeichnet hat, der die Teilnehmerin dazu verpflichtet, mit einem der Männer, die für sie abgestimmt haben, eine intime Nacht zu verbringen.
Dabei muss die Frau den Gewinner dieser Nacht akzeptieren, darf ihn nicht ablehnen. Von Seiten der Produktionsfirma müssen von dem Mann nur minimale Anforderungen erfüllt werden, damit sichergestellt ist, dass die Siegerin mit keinem Mann sexuell verkehren muss, der extrem ungepflegt ist oder etwas in der Art. Ist der Mann jedoch 80 Jahre alt, wiegt 200 Kilogramm und ist am ganzen Körper behaart wie ein Neandertaler, hat die Frau keine Wahl, ganz egal, wie persönlich abstoßend sie ihn auch finden wird. Für eine Nacht gehört sie alleine ihm.
Die Zuschauer können per Internet, sofern sie denn zuvor dafür gezahlt haben, ihre Favoritin nicht nur in die nächste Runde wählen, sondern sich eben auch die Chance wahren, am Ende vielleicht mit ihrer Favoritin sexuell verkehren zu dürfen. Kein Wunder also, dass eine Show wie diese sich von heute auf morgen eine große Fangemeinde aufbauen kann und in nahezu aller Munde ist.
Doch genug zu diesem Teil der Geschichte und wieder zurück zum eigentlichen Kern…
So sehr die meisten von uns auch das Internet und all seine mannigfaltigen Möglichkeiten schätzen, die uns das Leben erleichtern oder uns zu unterhalten imstande sind, so sind es doch vor allem die Menschen mit krimineller Veranlagung, die sich über das Internet freuen können, ohne dessen Hilfe ihre Verbrechen nicht oder zumindest nicht in der Form oder dermaßen einfach möglich wären.
Nicht wenige Menschen definieren sich über die Anzahl ihrer virtuellen Freunde. Je mehr man von diesen hat, umso beliebter als Mensch ist man, sind sie der festen Meinung. Dass sie von ihren Hunderten oder gar Tausenden Freunden jedoch im wahren Leben nur einen Bruchteil kennen, spielt für sie scheinbar keine Rolle. Viel zu oft wird jedes noch so kleine Detail mit seiner kompletten Freundesliste geteilt, ohne ernsthaft darüber nachzudenken, welche Auswirkungen das haben kann. Doch was ist, wenn wie auf der Rückseite des Buches beschrieben, sich unter diesen Freunden auch der eine oder andere Feind versteckt? Jemand, der nichts Gutes im Sinne hat, dem man aber trotzdem bedenkenlos Zugang zu seinem Leben ermöglicht? Es kann beispielsweise sehr einfach sein, jemanden, den man bisher gar nicht kannte, alleine über seinen Facebook-Account, die darin enthaltenen Bilder und gemachten Angaben ausfindig zu machen.
Diese Menschen machen sich durch ihre virtuelle Freizügigkeit angreifbar, offenbar ohne sich darüber vollends im Klaren zu sein. So macht man es den Tätern viel zu leicht, ihnen möglicherweise als nächstes Opfer in die Falle zu gehen.
Manchem wäre es daher definitiv anzuraten, mal in sich zu gehen und ehrlich sich selbst gegenüber das eigene Internetverhalten zu reflektieren und schlussendlich (hoffentlich) seine Konsequenzen daraus zu ziehen.
Dieses Buch kann einem wirklich Angst machen. Nur zu gut kann man all die besorgten Eltern verstehen, die das Internetverhalten ihrer Kinder regelmäßig kontrollieren und vehement zur Vorsicht warnen, was sie im Internet von sich preisgeben und mahnen, dass man sich nicht einfach so mit jemand im realen Leben bisher völlig Fremdes trifft.
Mancher Leser dieses Buches wird sich möglicherweise an den langen Erklärungen des Profilers aus dem Team stören. Ich hingegen fand diese sowohl informativ als auch nützlich, aber ich muss in diesem Zusammenhang auch erklären, dass bei mir ein generelles Interesse für das Thema „Profiling“ besteht und ich daher auch sehr gerne die TV-Serie „Criminal Minds“ anschaue, in deren Mittelpunkt der Ermittlungen die Erstellung eines Täterprofils steht.
Was sich mir persönlich nicht so recht hat erschließen wollen, ist der Grund, warum Claras Hass auf den Serienmörder noch weiter wächst, ebenso wie auch ihre Motivation, ihn endlich zu überführen, nachdem sie etwas Bestimmtes von ihm erzählt bekommen hat. Wer das Buch liest, wird verstehen, was ich meine. Ich möchte jedoch niemandem den Lesespaß verderben, daher verrate ich an dieser Stelle nicht, um was genau es dabei geht.
Für Fans von harten Thrillern ist „Final Cut“ ein absoluter Pflichtkauf. Es gehört für mich innerhalb dieses Genres zu den besten und interessantesten Büchern, die ich bisher in meinem Leben gelesen habe.
Ich finde es vor allem auch deshalb so beeindruckend, weil es das erste Buch des Autoren ist. Wer auf solch hohem Niveau seine literarische Karriere beginnt, der wird mit Sicherheit noch häufig von sich Reden machen.
Wer tatsächlich immer noch der Meinung sein sollte, dass es in Deutschland keine guten Thrillerautoren gibt, der sollte ruhig mal Autoren wie beispielsweise Veit Etzold eine Chance geben. Dieser Autor braucht sich meiner Meinung nach vor der Konkurrenz innerhalb des Thriller-Genres wahrlich nicht zu verstecken, auch international nicht.
Solche Bücher treffen meinen Geschmack fast auf den Punkt genau. Ich liebe es, wenn das Blut Literweise fließt. Mit der Menge, was in „Final Cut“ alleine in den wenigen detailliert beschriebenen Morden vergossen wird, könnte man schon locker eine große Badewanne voll füllen. Wem dieses Buch zu hart ist, der sollte besser keine Thriller lesen oder auf Bücher wie „TKKG“ umsteigen.
Ich könnte mir Veit Etzold nebenbei bemerkt auch sehr gut als Autor von Horrorromanen vorstellen. Auch „Final Cut“ reiht sich in die Liste jener Bücher ein, die ich mir nur zu gut auch als Film vorstellen könnte. Wer weiß? Vielleicht wird aus der Hoffnung darauf ja schon bald Realität?
Für diejenigen, die sich solcher Informationen erfreuen können: Das Buchcover wurde für den Titel „Bloody Cover 2013“ nominiert.
Ich habe das Buch regelrecht verschlungen. Man wird unweigerlich mitten in die Geschichte hinein gesogen, fühlt sich beinahe schon wie ein Teil des Ermittlungsteams und will unbedingt wissen, was als nächstes passiert, was es aber eben auch so schwer macht, das Buch überhaupt einmal aus der Hand zu legen. Der Autor zieht einen mit seiner durchweg spannenden Geschichte unweigerlich von Beginn an in seinen Bann. Man kommt eigentlich kaum zum Atmen, da im Prinzip immer irgendetwas passiert oder ansteht. Die Spannung wird auch bis zur letzten Seite aufrechterhalten. „Final Cut“ ist im wahrsten Sinne des Wortes ein absoluter Pageturner.
Dieses Buch wird für manchen Leser wahrscheinlich zu brutal in seinen detaillierten Schilderungen ausgefallen sein. An manchen Stellen muss man das Buch möglicherweise sogar mal aus der Hand legen, bevor man es sich wagt, weiter zu lesen. Dass das Thema nicht nur realistisch, sondern eben leider auch immer wieder aktuell ist, wirkt zusätzlich beängstigend.
Wer über nicht ganz so starke Nerven verfügt, dem sei an dieser Stelle dringend geraten, dieses Buch nicht als Nachtlektüre zu nutzen. Denn dies würde nur zu schlaflosen Nächten oder Alpträumen führen. Veit Etzold geht mit seiner Leserschaft bewusst schonungslos um. Alles wird derart bildhaft beschrieben, dass die Leser, wie in diesem Fall, regelrecht von ihrem Kopfkino geplagt werden. Nichts kann grausamer sein als die menschliche Phantasie.
Hinweis
Rechtschreibung und Grammatik wie immer ohne Gewähr.