Für den (hoffentlich) seltenen Fall, das ein Arzt euch oder eure Familie einmal falsch behandeln sollte, habt ihr selbstverständlich Rechte. Auch Ärzte sind nur Menschen und Menschen machen Fehler- das ist nun einmal so! Trotzdem muss sich niemand einfach in sein Schicksal fügen. Hier ein Artikel von
www.spiegel.de der erklärt, was man tun kann:
Von Dennis Ballwieser und Irene Berres
Egal wie ausführlich Patienten sich informieren, letzten Endes müssen sie ihrem Arzt vertrauen. Doch was tun, wenn man befürchtet, falsch behandelt worden zu sein? Verschiedene Ansprechpartner sind für Patienten da - am Anfang steht das Gespräch mit dem eigenen Arzt.Ärzte sollen ihre Patienten gesünder machen. Vor Fehlern schützt allerdings selbst die Approbation nicht, auch Mediziner richten manchmal mehr Schaden an, als sie Gutes tun. Für Patienten ist das eine heikle Situation: Selbst wenn man das eindeutige Gefühl hat, falsch behandelt worden zu sein, bleibt der Arzt der Fachmann. Alleine ist kaum ein Patient in der Lage, den eigenen Verdacht zu überprüfen. Im Ernstfall gibt es verschiedene Anlaufstellen, die weiterhelfen. Einige sind für Patienten kostenfrei.
Worauf haben Patienten einen Anspruch? Der Arzt muss seinen Patienten qualifiziert und sorgfältig nach den anerkannten Regeln der ärztlichen Kunst behandeln. Kann er das nicht, muss er den Patienten an einen geeigneten Kollegen überweisen. Über Vor- und Nachteile sowie Risiken von Behandlungsmethoden muss der Arzt seinen Patienten aufklären, damit dieser sich für eine Behandlunsvariante entscheiden kann. Können Arzt und Patient sich allerdings nicht auf eine Therapie einigen, muss der Arzt ihn auch nicht behandeln.
Was ist ein Behandlungsfehler? Therapiert ein Arzt den Patienten nicht ordnungsgemäß, also nicht sorgfältig oder entsprechend der anerkannten medizinischen Standards angemessen, richtig oder zeitgerecht, dann kann ein Behandlungsfehler vorliegen. Dazu gehört auch eine fehlende, falsche oder lückenhafte Aufklärung des Patienten. Behandelt der Arzt seinen Patienten falsch, hat dieser Anspruch auf Schadensersatz und eventuell Schmerzensgeld.
An wen sollen Patienten sich wenden? Zuerst sollte der Patient das Gespräch mit dem behandelnden Arzt selbst suchen. Kommt er dort nicht weiter, sind leitende Ärzte oder die Klinikleitung die nächsten Ansprechpartner. In vielen Kliniken gibt es zentrale Beschwerdestellen, an die Patienten sich wenden können.
Ärzte- und Zahnärztekammern bieten mit ihren Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen für Arzthaftungsstreitigkeiten eine außergerichtliche Streitschlichtung und Expertengutachten an. Das Verfahren ist für die Patienten kostenfrei.
Krankenkassen vermitteln eine außergerichtliche Rechtsberatung oder holen über ihren Medizinischen Dienst ein Gutachten ein. Das kann für den Patienten eine entscheidende Hilfe bei einem Gerichtsverfahren sein. Dieser Weg ist für die Patienten ebenfalls kostenfrei.
Verbraucherzentralen, Selbsthilfegruppen und Patientenberatungsstellen bieten ebenfalls Hilfe bei Fragen. Die Unabhängige Patientenberatung Deutschland betreibt unter der kostenlosen Rufnummer 0800-0117722 ein bundesweites Beratungstelefon.
Schließlich bleibt der Weg zum Rechtsanwalt, der über die rechtlichen Möglichkeiten berät. Die Anwaltskosten trägt der Patient selbst. Bei den Anwaltskammern gibt es Adressen spezialisierter Rechtsanwälte.
Wie kommt man als Patient an die Behandlungsunterlagen? Patienten haben einen Anspruch darauf, die Dokumentation einzusehen und Kopien zu bekommen. Das gilt für Befunde, Laborwerte oder Untersuchungsergebnisse und Aufzeichnungen über Medikamentengaben, OP-Berichte und Arztbriefe. Lediglich die subjektiven Eindrücke des Arztes über den Patienten muss der Arzt nicht zugänglich machen. Die Kosten für Kopien und Ausdrucke trägt der Patient selbst. Er muss nicht persönlich die Akten einsehen, das kann auch eine Vertrauensperson für ihn tun.
Wie funktioniert das Gutachtenverfahren bei den Ärztekammern? Die Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen sollen Streitigkeiten außergerichtlich klären. Etwa ein Viertel aller Patientenbeschwerden über vermeintliche Behandlungsfehlern behandeln die Kommissionen, die bei den Landesärztekammern sitzen. Das bringt ihnen den Vorwurf ein, nicht völlig unabhängig zu sein. Die Kommission erstellt ein Gutachten darüber, ob ein Behandlungsfehler vorliegt, durch den die Gesundheit des Patienten geschädigt worden ist. Das Einschalten der Schlichtungsstellen ist freiwillig, die Fälle sollten noch nicht Gegenstand eines Gerichtsverfahrens sein und dürfen in der Regel nicht länger als fünf Jahre zurückliegen. Sind Patient oder Arzt mit dem Ergebnis nicht einverstanden, können sie anschließend noch vor Gericht ziehen.
Wie funktioniert das Verfahren bei den Krankenkassen? Die Krankenkasse kann, muss aber den Versicherten nicht bei der Verfolgung von Schadensersatzansprüchen unterstützen. Wird das geplante Patientenrechtegesetz umgesetzt, würde aus der Kann- eine Soll-Regelung werden. Die Krankenkasse lässt ihren Medizinischen Dienst mit Hilfe des Patienten ein Gutachten über die Behandlung erstellen. Ein Patientenberater bespricht mit dem Versicherten das weitere Vorgehen. Häufig wird zunächst die Krankenkasse mit der Haftpflichtversicherung des Arztes verhandeln, ist sie erfolgreich, kann auch der Patient leichter eine außergerichtliche Einigung erzielen. Sonst bleibt die Zivilklage vor einem Gericht.
Welche Regeln gelten für ein Gerichtsverfahren? Schadensersatz kann ein Patient nur bekommen, wenn der Behandlungsfehler ursächlich für einen Gesundheitsschaden ist. Die Beweislast dafür liegt beim Patienten. Der Patient muss also den Schaden, die Pflichtverletzung des Arztes und den Zusammenhang zwischen Pflichtverletzung und seinem Schaden (Kausalität) beweisen. Nur wenn der Arzt einen groben Behandlungsfehler begangen hat, also wenn er eindeutig gegen bewährte ärztliche Behandlungsregeln verstoßen hat, muss der Patient den Kausalitätsbeweis nicht mehr erbringen.
Welche Fristen gelten? Die Verjährungsfrist beträgt im Regelfall drei Jahre. Die Frist beginnt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zu laufen, wenn der Patient als medizinischer Laie von Dingen erfährt, aus denen sich auf einen möglichen Behandlungsfehler schließen lässt. Nach spätestens 30 Jahren verjähren Schadensersatzansprüche aufgrund eines ärztlichen Behandlungsfehlers, egal ob der Patient von ihnen erfahren hat oder nicht.
Quellen: Bundesministerium für Gesundheit/Bundesärztekammer/Medizinischer Dienst der Krankenkassen/Aktionsbündnis Patientensicherheit
http://www.spiegel.de/gesundheit/diagnose/behandlungsfehler-patientenrechte-bei-verdacht-auf-aerztepfusch-a-853988.html