Wie man dies verstehen kann
Schon der erste Satz („Dir gehören alle Inhalte …“) ist geschickt formuliert. Mit diesem Satz gibt Facebook nicht nur an, was gesetzlich festgelegt ist, sondern scheint sich auch von einer möglichen Haftung freizusprechen, wenn IP-Inhalte (IP = Intellectual Property) verwendet werden, die dem hochladenden Nutzer gar nicht gehören. Das heißt also: Facebook will im Falle einer Klage nicht zahlen müssen, wenn jemand urheberrechtlich geschütztes Material postet, ohne es zu dürfen. Sollte Facebook doch haften müssen könnte beim Nutzer Regress gefordert werden.
Der zweite Satz gibt an, dass man in seinen Privateinstellungen darauf einwirken kann, wer die eigenen Inhalte sehen und teilen können soll. So weit so gut.
Unter 1. wird nun die Erlaubnis angesprochen:
Du gibt’s uns eine nicht-exklusive, übertragbare, unterlizenzierbare, unentgeltliche, weltweite Lizenz für die Nutzung jeglicher IP-Inhalte, die du auf oder im Zusammenhang mit Facebook postest („IP-Lizenz“).
Die Aufzählung zielt somit auf ein einfaches (=nicht-exklusives) Nutzungsrecht im Sinne des § 31 Satz 2 Variante 1 UrhG ab, welches im Voraus erteilt wird. Das einfache Nutzungsrecht berechtigt den Inhaber, das Werk auf die erlaubte Art zu nutzen, ohne dass eine Nutzung durch andere ausgeschlossen ist. Das Nutzungsrecht beinhaltet den Facebookbestimmungen nach auch die Weitergabe der Nutzungsrechte an Dritte (übertragbar) bzw. eine eingeschränkte Rechteeinräumung Dritter durch Facebook (unterlizenzierbar). Darüber hinaus sollen diese Rechte selbstverständlich weltweit gelten und der Nutzer darf kein Geld dafür verlangen.
Diese Nutzungsrechte sind pauschal gehalten und sehr weit gefasst. Der Nutzer selbst darf zwar auch weiterhin mit dem Bild nach Belieben verfahren – ebenso darf dies aber auch Facebook! Nicht uneingeschränkt – beispielsweise dürfen die verwendeten Bilder nicht verändert werden (§ 39 UrhG) – aber doch weitreichend genug.
Gibt es Einschränkungen durch Bestimmung der Nutzungsart?
Bei 1. wird zudem erneut auf die Privatsphären- und Anwendungseinstellungen eingegangen. Die Frage die sich dabei stellt: was genau ist mit „vorbehaltlich deiner Privatsphäre- und Anwendungseinstellungen“ gemeint?
Da es keine andere sinnvolle Erklärung gibt, muss es sich hierbei um die Vereinbarung von Nutzungsarten handeln. Also die Angabe, wofür und in welchem Rahmen (bspw. Werbung im Internet) Facebook die Fotos nutzen darf. Ein Blick in die Privatsphären- und Anwendungseinstellungen offenbart nun aber ein Problem: Einzig die Sicht- und Teilbarkeit der Daten, die man auf Facebook angibt, kann dort eingeschränkt werden. Dies gilt zudem nur gegenüber Freunden und nicht gegenüber Facebook. Daraus lässt sich nur schwer eine Nutzungsart zwischen dem Nutzer und Facebook entnehmen. Hier kann man so explizit also gar keine Nutzungsarten angeben oder vereinbaren.
Zur Erinnerung: die Einstellungen für die Facebook-Werbeanzeigen sind in den Kontoeinstellungen und nicht in den Privatsphären- und Anwendungseinstellungen zu finden. Ein Hinweis auf die Kontoeinstellungen ist in den Bestimmungen jedoch nicht zu finden.
Man könnte daher überlegen, dass Facebook sich damit „auf die Stufe“ der Freunde stellt und bei entsprechender Einstellung nichts darüber hinaus nutzen darf. Das wäre allerdings eine sehr komplizierte „Über-Eck-Regelung“ die wohl kaum zumutbar erscheint.
Oder gibt es die Bestimmung der Nutzungsart nur noch nicht und es soll schon einmal im Vorfeld geregelt werden, falls eine solche Funktionen zur Bestimmung von Nutzungsarten in den Privatsphären- und Anwendungseinstellungen möglich wird?
Bis jetzt ist in den Bestimmungen also keine Nutzungsart geregelt und es muss auf die gesetzliche Vermutung des § 31 Absatz 5 UrhG zurückgegriffen werden:
Sind bei der Einräumung eines Nutzungsrechts die Nutzungsarten nicht ausdrücklich einzeln bezeichnet, so bestimmt sich nach dem von beiden Partnern zugrunde gelegten Vertragszweck, auf welche Nutzungsarten es sich erstreckt.
Wendet man die Vermutungsregel an, ergibt sich bereits das nächstes Problem: welcher Vertragszweck liegt der Anmeldung zu einem Social-Network zugrunde? Doch wohl eigentlich nur Zugangsgewährung zu einer Plattform zum Austausch mit anderen Menschen – eben Social Life im Internet.
Wofür sollte sich Facebook aber weitreichende Nutzungsrechte sichern, wie Lizenzen übertragen oder Unterlizenzen vergeben zu können, wenn nicht für Werbung und Ähnliches? Es liegt nahe, dass bei der Anmeldung stillschweigend einräumt wird, die eigenen Bilder von Facebook auch zu Werbezwecken nutzen zu lassen. Denn immerhin betreibt Facebook mittlerweile eine große Werbemaschinerie mit hohen Einnahmen – und dies ist weitläufig bekannt, auch wenn manche dies nur gerne verdrängen. Firmen nutzen Facebook ja gerade wegen des Social-Marketings. Zudem gibt Facebook, wie oben bereits aufgeführt, zumindest die Möglichkeit der Bildnutzung für Werbung an, und man muss dies deaktivieren, wenn man es verhindern will. Für die Annahme eines weitgefassten Vertragszweckes würde auch sprechen, dass es früher in den Bestimmungen hieß (keine offizielle Übersetzung):
… für jede Art der Verwendung, eingeschlossen kommerzieller und werblicher, innerhalb des Facebook-Dienstes selbst oder in Verbindung damit oder als Werbung dafür.
Es ist wohl anzunehmen, dass Facebook noch immer Interesse daran hat, die Bilder für jede Art der Verwendung zu nutzen und dies nur zu verstecken versucht.
[UPDATE] Hinweis auf eine Nutzungsart ließe sich einzig noch aus Ziffer 16 der Nutzungsbestimmungen ziehen, die auf Besonderheiten in Deutschland hinweist. In dem Satz “Ziffer 2 gilt mit der Maßgabe, dass unsere Nutzung dieser Inhalte auf die Verwendung auf oder in Verbindung mit Facebook beschränkt ist” kann man aber auch wieder viel hineinlesen. “In Verbindung mit Facebook” ist im Prinzip alles was irgendwie mit Facebook zu tun hat. Allerdings zeigt sich hier erneut, dass Facebook ganz klar Werbeabsichten auch mit Nutzer-Bildern im Blick hat. [UPDATE]
Im letzten Satz verklausuliert Facebook dann noch ganz galant die Tatsache, dass bei geteilten IP-Inhalten auch die „Freunde und Bekannte“ die Bilder löschen müssen. Dass man selbst die Bilder löscht, reicht nicht aus und Facebook behält die Rechte. Na dann viel Spaß beim Nachforschen … der einfache Weg einer kompletten Löschung über die Suicide Machine wurde von Facebook ja bereits erfolgreich blockiert.
Es lässt sich festhalten: Facebook dürfte demnach Bilder für Werbung nutzen. Zugegeben, dies ist nur eine von mehreren möglichen Lesarten. Aufgrund älterer Versionen der Nutzungsbedingungen, der Werbeanzeigen-Einstellungen und den Besonderheiten in Deutschland ist jedoch davon auszugehen, dass Facebook einer Werbenutzung nicht abgeneigt ist. Argumentative Grundlage für eine solche Möglichkeit wäre zum jetzigen Zeitpunkt zumindest vorhanden. Ein Hinweis in den Nutzungsbestimmungen auf die Facebook-Werbeanzeigen in den Kontoeinstellungen wäre jedoch noch deutlicher.
Aber alles hinfällig wegen unwirksamer AGB-Klauseln?
Am Ende drängt sich aber noch eine alles entscheidende Frage auf: in wie weit sind diese Klauseln überhaupt zulässig? Schließlich werden dem Nutzer diese Lizenzübertragungen bei der Anmeldung zu dem Social-Network in Form von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) untergeschoben. Facebook tritt aufgrund der Bestimmungen nicht nur als Kommunikationsplattform auf, sondern versucht sich vielmehr Rechte anzueignen, wie es sonst nur Fotoagenturen tun. Da kommt man schnell auf den Gedanken, dass hier eventuell überraschende Klauseln (§ 305c BGB) vorliegen, die unwirksam wären. Ebenso kann man schon an dem hier geschriebenen Text sehen, wie schwer verständlich diese Klauseln sind und wie viele verschiedene Lesarten möglich sind. Das geht wohl an die Grenzen der notwendigen Bestimmtheit. Was bei einem Unternehmen aus Amerika natürlich nicht verwunderlich erscheint, wo es Gang und Gebe ist, Klauseln so unbestimmt und weitreichend wie möglich zu gestalten, um alle Wege geöffnet zu lassen. Das ist in Deutschland so nicht zulässig.
[UPDATE] Nach Klage des VZBV muss Facebook nun die Richtlinien ändern. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, Facebook kann in Berufung gehen. [UPDATE]
Fazit
Ob die Bedingungen nun mit deutschem Recht vereinbar sind, ist an dieser Stelle nicht endgültig zu beantworten. Eindeutig bleibt jedoch ein ungutes Bauchgefühl, wenn Facebook sehr geschickt versucht, durch technische Neuerungen hochqualitative Fotos von den Nutzern zu erlangen, um sich dann weitreichende Rechte daran zu sichern. Es erscheint äußerst fragwürdig, ob dies in Zukunft rechtlich haltbar ist. Eine Anfrage unsererseits bei Facebook zu der Problematik ist bisher leider unbeantwortet geblieben.
Zudem wurde neben den technischen Neuerungen noch immer keine Möglichkeit eröffnet, Fotos und Videos mit einer (Creative-Commons-)Lizenz zu versehen. Facebook sichert sich Rechte, gibt aber trotz Downloadmöglichkeit der Bilder keine Möglichkeit, dass man auch Dritten Nutzungsrechte geben kann.
Immerhin werden noch keine Bilder von Nutzern für Werbung genutzt.
Allerdings hat Twitpic die kommerzielle Verwertung bereits vorgemacht und im Zweifel gilt für Facebook was schon immer galt: man sollte sich gut überlegen, was man veröffentlicht.
(Bild: © Thomas Pajot – Fotolia.com)